Partizipation und Open Innovation für Non Profit Organisationen

Open Innovation und Partizipation sind methodische Ansätze, die Non Profit Organisationen – öffentliche und gemeinnützige Organisationen – zunehmend nutzen. In den folgenden Zeilen beleuchten wir das was / warum / wie dieser Ansätze.

 

Was ist Open Innovation und Partizipation?

Unter Partizipation versteht man den Einbezug von Individuen und Organisationen in Ideenentwicklungs- und Entscheidungsprozesse. Der Begriff geht auf das lateinische Wort „particeps“ (= „teilnehmend“) zurück und steht für Beteiligung, Teilhabe, Mitwirkung oder Einbezug.

Der Begriff Open Innovation bzw. offene Innovation bezeichnet die Öffnung des Innovationsprozesses von Organisationen und damit die aktive Nutzung der Außenwelt zur Vergrößerung des Innovationspotenzials.

In der Realität gibt es natürlich feine Unterschiede zwischen den zwei Ansätzen, doch der Einfachheit werden die Begriffe im Folgenden gleichbedeutend verwendet.

 

Warum werden Open Innovation und Partizipation eingesetzt?

Die Erfahrung zeigt, dass viele Organisationen den wirklichen Nutzen von Open Innovation und Partizipation nicht vollumfänglich verstehen und diese wohl deshalb wenig zielführend einsetzen: „Schein-Mitwirkung“, „PR-Hackathon“, „Alibi-Befragung“, etc.

Der Nutzen von Open Innovation und Partizipation liegen für Non Profit Organisationen auf zwei Ebenen:

  1. Inhalte: Anstatt Ideen im kleinen Rahmen zu entwickeln, werden die Ideen Dank der Öffnung der Prozesses und unter Einbezug der Zielgruppen  besser und die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung erhöht.
  2. Menschen: Durch die Teilhabe und Mitwirkung steigt die Akzeptanz der Lösungen, da diese in der Umsetzung durch die betroffenen Zielgruppen – intern oder extern – besser mitgetragen werden.

 

Welche Formen der Partizipation gibt es?

Es gibt verschiedene Modelle der Partizipation. Im Folgenden wird ein Modell aufgezeigt, das neun Stufen der Partizipation unterscheidet:

  • Stufen 1-2 „Nicht-Partizipation“: Instrumentalisierung (1), Anweisung (2)
  • Stufen 3-5 „Vorstufen der Partizipation“: Information (3), Anhörung (4), Einbezug (5)
  • Stufen 6-9 „Echte Partizipation“: Mitbestimmung (6), teilweise Übertragung von Entscheidungskompetenz (7) und Entscheidungsmacht (8), Selbstorganisation (9)

Stufe 1: Instrumentalisierung
Die Anliegen der Zielgruppe spielen keine Rolle, sondern die Interessen der Entscheidungsträger. Zielgruppenvertreter*innen nehmen eventuell zur Dekoration an Veranstaltungen teil, ohne deren Zweck zu kennen.

Stufe 2: Anweisung
Fachpersonen gehen davon aus, dass sie es am besten wissen. Sie nehmen die Lage der Zielgruppe zwar wahr, doch ohne deren Anhörung. Lösungen werden ausschließlich auf Basis deren (fachlichen) Meinung entwickelt und direktiv umgesetzt.

Bei den Vorstufen der Partizipation (3-5) findet eine zunehmend starke Integration der Zielgruppe in Entscheidungsprozesse statt, jedoch ohne direkten Einfluss auf die Entscheidungsprozesse.

Stufe 3: Information
Wie bei Stufe 2 entwickeln die Fachpersonen Lösungen in Eigenregie. Die Zielgruppe wird über die die Ergebnisse als auch über die Nachvollziehbarkeit des Prozesses informiert, wodurch die Akzeptanz der Lösungen erhöht werden soll.

Stufe 4: Anhörung
Die Sichtweise der Zielgruppe wird aktiv eingeholt, jedoch haben diese keine Kontrolle darüber, ob und in welcher Form ihre Inputs berücksichtigt werden.

Stufe 5: Einbezug
Personen aus der Zielgruppe werden beratend beigezogen. Die Beratungen haben jedoch keinen verbindlichen Einfluss auf den Entscheidungsprozess.

Wenn die Zielgruppe eine formale und verbindliche Rolle in der Entscheidungsfindung hat, spricht man von „echter Partizipation“.

Stufe 6: Mitbestimmung
Personen aus der Zielgruppe werden nicht nur angehört und beratend beigezogen, sondern haben ein formales Mitspracherecht, jedoch keine alleinigen Entscheidungskompetenzen.

Stufe 7: Teilweise Übertragung von Entscheidungskompetenz
Ein formales Beteiligungsrecht stellt sicher, dass die Zielgruppe bestimmte Aspekte der Lösungen selbst bestimmen kann. Die Verantwortung für die Umsetzung der Lösung liegt jedoch in den Händen von anderen, z. B. bei Mitarbeiter*innen einer Organisation.

Stufe 8: Entscheidungsmacht
Die Rollen werden sind umgekehrt: Die Zielgruppe bestimmt alle wesentlichen Aspekte der Lösung selbst. Dies geschieht im Rahmen einer gleichberechtigten Partnerschaft mit der Organisation, die den Prozess initiiert. Die Organisation ist zwar an den Entscheidungen beteiligt, ihr obliegt jedoch keine bestimmende, sondern eine begleitende oder unterstützende Rolle.

Stufe 9: Selbstorganisation
Stufe 9  geht über die Partizipation hinaus. Sie umfasst alle Formen selbstorganisierter Maßnahmen, die nicht unbedingt als Folge eines partizipativen Entwicklungsprozesses entstehen, sondern von Anfang an von den Zielgruppen selbst initiiert werden können – oft entsteht diese Eigeninitiative aus eigener Betroffenheit. Die Entscheidungen trifft die Zielgruppe eigenverantwortlich.

 

Abschliessende Überlegungen

Richtig verstanden und eingesetzt, haben Partizipation und Open Innovation einen grossen Nutzen für die betreffende Organisation: die Lösungen werden besser und zielgruppengerechter und deren Akzeptanz gestärkt.

Partizipation und Open Innovation haben jedoch ihren „Preis“: sie gelingt nur, wenn man bereit ist, die Kontrolle über die Lösungen abzugeben und offen für Neues ist.

Mehr Hintergrund & Tools: z. B. Leitfaden Partizipation des Verbands offenen Kinder- und Jugendarbeit Kanton Bern

Dino Beerli | Superloop Innovation